Weihnachtsgeschenk

Hallo wiedereinmal!

 

Hier ist wie zuvor angekündigt euer Weihnachtsgeschenk. Fast hätte es nicht mehr geklappt, weil heute Vormittag noch unser Internet gesponnen hat, aber jetzt funktioniert zum Glück wieder alles.

Also, als kleine Überraschung habe ich mir mal überlegt, wie wohl die Familie Síth Weihnachten feiern könnte. Schließlich gibt es da auch bei den Schotten ganz bestimmte Traditionen. Um die heraus zu finden musste ich eine ganze Weile googeln und habe aber auch jede Menge Interessantes herausgefunden.

So, hier kommt die kleine Kurzgeschichte.

Und euch allen Wünsche ich auch noch Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

 

 

 

Der Morgen des 25. Dezembers. Am Abend zuvor hatte es geschneit in Schottland und ein wenig Schnee war liegen geblieben. Hatte die Bäume vor Saras Zimmerfenster mit einer feinen Zuckerschicht verziert.

Sara stand auf und ging noch im Schlafanzug die kurze Treppe ins Wohnzimmer hinunter. Das Zimmer war weihnachtlich geschmückt. An der Tür hing ein grüner Kranz, der Weihnachtsbaum war mit Lametta geschmückt und überall im Raum brannten, obwohl es schon hell draußen war, Kerzen. Auch das Feuer in dem kleinen Kamin war entzündet.

Heute, zum Yule-Fest, musste das Feuer gehütet werden, damit keine bösen Wesen in das Haus eindringen konnten.

Über dem Kamin hingen drei Strümpfe, die von den Geschenken, die sich darin befanden, ausgebeult waren. Sara versuchte in den Strumpf zu spähen, der ganz links hing und grün war, doch in diesem Moment betrat Mrs Síth das Wohnzimmer. Sie hatte in der Küche das Stew für das Mittagessen vorbereitet.

„Nollaig chridheil huibh!“, begrüßte sie ihre Tochter in fließendem Schottisch.

„Frohe Weinachten!“, erwiderte Sara.

„Die Geschenke darfst du dir erst ansehen, wenn auch Daniel und Fajé wach sind“, endschied Mrs Síth. „Du kannst mir solange beim Backen helfen. Das Bannock-Brot springt nicht von allein in den Backofen.“

„Ich geh lieber die beiden anderen wecken“, sagte Sara und lief wieder die Treppe hinauf.

Zuerst ging sie in das Zimmer ihres Bruders Daniel.

„Wach auf, Daniel!“, rief Sara. „Santa Claus war da.“

„Lass mich doch schlafen“, grummelte Daniel verschlafen zurück. „Ich habe eh schon Dads Gedanken gelesen, was wir bekommen. Wieso soll ich also früh morgens aufstehen?“

„Spielverderber!“, schimpfte Sara und war eingeschnappt, dass ihr Bruder durch seine Gedankenlesekünste schon wieder mehr wusste, als sie.

Als nächstes ging sie in das Zimmer ihrer kleinen Schwester Fajé.

„Fajé, Santa war da!“

Fajé glaubte mit ihren sieben Jahren noch an die Geschichte vom Weihnachtsmann und stand sofort auf. Letztendlich hatte sich sogar Daniel dazu aufgerafft hinunter zu gehen und war schon da, noch bevor Sara die Treppe hinuntergelaufen und Fajé geflogen kam. Jetzt erlaubte Mrs Síth ihnen, die Geschenke aus den Strümpfen auszupacken.

 

*~ ~*

 

Sie waren gerade beim Plum Pudding angelangt, als das Telefon klingelte. Mr Síth verließ den Tisch und nahm den Hörer ab.

„Bestimmt ist es Grandma, die anruft“, vermutete Fajé, doch sie hatte Unrecht.

Als Mr Síth zum Tisch zurückkehrte, hatte sich seine Miene verfinstert. „Schlechte Nachrichten“, sagte er. „Das war Frank aus der Bank.“

„Wieso hat er ausgerechnet jetzt angerufen?“, fragte Mrs Síth. „Du musst doch nicht etwa morgen schon wieder arbeiten?“

„Nein, das nicht“, sagte Mr Síth. „Der Chef will nur ein paar Leute versetzen.“

„Was? Wieso das denn?“, fragte Daniel.

„Sie brauchen Leute, die für etwas längere Zeit in Deutschland arbeiten. Frank hat angerufen, weil sie auch mich ausgewählt haben. Aber keine Panik, bis dahin ist es noch eine Weile hin. Erst nächsten Sommer.“

„Dann musst du wieder auf Geschäftsreise?“, fragte Fajé.

„Nicht ganz“, erklärte Mr Síth. „Sie haben es jetzt schon bekannt gegeben, weil es auf unbestimmt Zeit sein soll. Drei Jahre mindestens.“

Zuerst sagte niemand etwas. Dann schickte Mrs Síth die drei Kinder hinaus, um alleine alles mit Mr Síth zu besprechen.

„Was meinst du?“, fragte Sara ihren Bruder. „Wird Dad die Stelle annehmen?“

„Für mich klang das ganz so, als sei das alles schon eine beschlossene Sache“, antwortete Daniel.

„Aber was wird dann aus uns?“, fragte Fajé.

„Keine Ahnung“, erwiderten Sara und Daniel zugleich.

 

Nach einer ganzen Weile rief Mr Síth sie wieder zurück in das Zimmer.

„Eure Mutter und ich haben lange über alles nachgedacht“, begann er. „Und wir denken, dass es das Beste sein wird, wenn wir alle nach Deutschland ziehen.“

„Wir könnten sogar in dem alten Haus meiner Eltern wohnen“, fuhr Mrs Síth fort. „Aber noch sollten wir nichts überstürzen. Wie Dad vorhin schon sagte, werden wir frühestens nächsten Sommer umziehen. Bis dahin ist noch viel Zeit und ihr braucht euch noch keine Gedanken darüber zu machen.“

 

Aber Sara machte sich schon eine ganze Menge Gedanken. Schottland verlassen? Das Land, in dem sie geboren und aufgewachsen war? Eine neue Sprache sprechen und auf eine neue Schule gehen? Sara viel es jetzt schon schwer, mit ihren Mitschülern klarzukommen. Sie wollte nicht von hier weg, aus ihrer Heimat, aus der alle Síth kamen. Auch, wenn sie sich eingestehen musste, dass ihre Eltern sich gänzlich von den magischen Bewohnern Schottlands abgewandt hatten und wie ganz normale Menschen lebten. Aber es ließ sich nun mal nicht leugnen, dass ihrer kleinen Schwester Flügel aus dem Rücken ragten und Sara selbst einen Ziegenfuß besaß. So etwas ließ sich hier, in einem Land voller Magie, leichter verstecken, als in einem Land, wo Zauberei als Märchen und Scharlatanerie abgestempelt wurde.

Wie sollte sie, Sara Feé Nereida, dort klarkommen? Wo sie doch eine Síth, Nereide und Fee war? Sie konnte sich nicht vorstellen, in einer für sie völlig neuen Welt zu leben.

„Zerbrich dir darüber nicht den Kopf, Sara“, sagte Daniel aufmunternd. Er hatte wie selbstverständlich ihre Gedanken gelesen. „Noch steht nichts fest. Und selbst wenn, es werden nur drei Jahre sein. Du wirst das schon überleben.“

 

Das Weihnachtsfest verlief im Grunde genauso, wie alle, die Sara schon vorher miterlebt hatte, und doch war es anders, denn sie zerbrach sich ständig den Kopf über den Umzug, auch, wenn er vielleicht erst in einem halben Jahr oder gar nicht stattfinden würd.

 

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